Gestern hatten wir unter der Überschrift „Mordanzeige als Ultima Ratio im innerparteilichen Friedenskampf“ über eine Strafanzeige von Abgeordneten der Linksfraktion berichtet. Gegen die Bundeskanzlerin, die Bundesregierung und Bundeswehrangehörige sollen Ermittlungen aufgenommen werden, weil sie sich nach Ansicht der 14 Abgeordneten des Mordes und weiterer Kriegsverbrechen schuldig gemacht haben. Bislang war nur bekannt, dass Wolfgang Gehrcke und Heike Hänsel diese Anzeige mit unterschrieben haben. Nun liegt die komplette Namensliste vor und unterstützt unsere Vermutung, dass dieser Teil des linken Friedenskampfes vor allem Teil des Ringens der Westlinken um ihre Vorherrschaft in der künftigen Fraktion und der Partei ist.
Die Liste der Anzeigenerstatter liest sich tatsächlich wie das „Who is who“ der westdeutschen Retrofraktion in der Fraktion:
Herbert Behrens | Landesliste Niedersachsen | Platz 4 |
Karin Binder | Landesliste Baden-Württemberg | Platz 3 |
Christine Buchholz | Landesliste Hessen | Platz 3 |
Eva Bulling-Schröter | Landesliste Bayern | Platz 2 |
Sevim Dagdelen | Landesliste NRW | Platz 5 |
Diether Dehm | Landesliste Niedersachsen | Platz 1 |
Wolfgang Gehrcke | Landesliste Hessen | Platz 2 |
Heike Hänsel | Landesliste Baden-Württemberg | Platz 2 |
Andrej Hunko | Landesliste NRW | Platz 4 |
Ulla Jelpke | Landesliste NRW | Platz 3 |
Jutta Krellmann | Landesliste Niedersachsen | Platz 2 |
Alexander Ulrich | Landesliste Rheinland-Pfalz | Platz 1 |
Katrin Werner | Landesliste Rheinland-Pfalz | Platz 2 |
Alle Unterzeichner sind auf ihren Landeslisten durchaus aussichtsreich platziert und dürften auch der nächsten Linksfraktion angehören. Lediglich die 14. Unterzeichnerin, MdB Heidrun Dittrich aus Niedersachsen, wird kein Mandat mehr erringen. Es ist aber anzunehmen, dass sie im Mitarbeiterstab der westdeutschen Linksfraktionäre unterkommen wird.
Es ist sicher kein Zufall, dass viele der Namen dieser Liste auch als Unterstützer des Aufrufes „NEIN zum Syrienkrieg! Widerstand gegen die Kriegstreiberei!“ wiederzufinden sind. Wenige Tage vor der Wahl bildet sich hier schon der Kristallisationskern des immer noch starken Retroblocks einer neuen Linksfraktion. Nicht von ungefähr dürfte deren designierte Frontfrau, die NRW-Spitzenkandidatin Wagenknecht, zumindest auf der Liste der Anzeigenerstatter fehlen. Soll sie doch, so wird in Berlin schon laut vermutet, recht zeitnah auf den Fraktionsvorsitz gehoben werden oder zumindest ein Erstzugriffsrecht nach dem Abtritt Gysis erhalten.
So ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, dass lediglich westdeutsche Mitglieder der Fraktion diese Anzeige unterschrieben haben. Ostdeutsche Abgeordnete oder Fraktionskollegen, die dem eher reformlinken Lager zugerechnet werden, wurden schlichtweg aus Misstrauen nicht gefragt. In der Fraktion oder auch nur der Fraktionsführung war dieser Vorstoss ohnehin nicht abgesprochen. Hätte eine dann folgende Debatte doch möglicherweise diesen Coup der Westlinken mitten im Wahlkampf verhindert. Und dies dürfte nicht im Interesse der 14 Abgeordneten gewesen sein, die darauf bauen, dass jetzt ausgehobene Gräben in Fraktion und Partei im anstehenden Ringen um die Macht eine dauer- und vorteilhafte Angriffsposition bieten.
(mb)
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