Wenige Tage vor dem Programmparteitag der Linken in Dresden äussert sich die Parteivorsitzende Kipping im Tagesspiegel in einem Interview zum Kurs der Partei in der Euro-Frage. Es habe zwar vor kurzem eine inhaltliche Kontroverse mit Oskar Lafontaine über dieses Thema gegeben. Die Partei sei aber mit dieser Debatte gut umgegangen. Eine, von Lafontaine geforderte, Rückkehr zu nationalen Währungen ist aus Sichts Kipping unmarxistisch und volkswirtschaftlich unvernünftig. Der gemeinsame Binnenmarkt sei inzwischen zutiefst europäisch. Sie sei sich allerdings mit Lafontaine einig, dass Merkels Kürzungskurs in Europa die Krise und das soziale Elend verschärft habe.

Mit Blick auf die kommende Bundestagswahl sieht Kipping keine realistische Chance einer Rot-Rot-Grünen Mehrheit gegen die derzeitige Regierung. Haupthindernis dafür sei, so Kipping, die Personalpolitik der SPD und ihr sturer Abgrenzungskurs nach links. Für die SPD sei der treffendste Wahlslogan: „Vor der Wahl sozial, nach der Wahl brutal.“ Trotzdem ist ein Linksbündnis mit SPD und Grünen für Kipping auch weiterhin ein perspektivisch interessantes Projekt, für das sie offensiv um Mitstreiter wirbt. Allerdings könne Die Linke „nicht alle Fehler von SPD und Grünen alleine wegtragen“, um die gesellschaftliche Stimmung für ein solches Bündnis zu erzeugen.
(mb)

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Manuel Böhm

Jahrgang 1970. Lebt seit Oktober 2024 auf Malta, davor in Göttingen, Hannover und Berlin. Bis 2005 Mitglied der SPD. Danach Eintritt in die WASG, dort Mitglied des Kreisvorstandes bis 2006. Mitarbeit im Bündnis für Soziale Gerechtigkeit zur Kommunalwahl 2006 als breite linke Alternative zum PDS-dominierten Linksbündnis. Nach Gründung der LINKEN in 2007 Übernahme von Funktionen auf Ebene seiner Basisorganisation. Austritt aus der Partei Die Linke mit seinem Wegzug aus der Bundesrepublik.

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8 Kommentare

  1. Unterstellen wir einmal, dass Oskar Lafontaines Vorstellungen über einen geordneten Ausstieg aus dem Euro und eine Rückkehr in eine neues (altes) europäisches Währungssystem mit bestimmten Bandbreiten für Wechselkursschwankungen der teilnehmenden Länder auf der Analyse basiert, die Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas für die Luxemburg-Stiftung präsentiert haben, dann müssen wir uns diese Analyse ansehen. Hier wird davon ausgegangen, dass Nationen mit gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten sich in einem Wettbewerb befinden, der zu krassen Leistungsbilanzsalden und einer daraus resultierenden Verschuldung zwischen diesen Nationen geführt hat. Deutschland hat diesen Wettbewerb vorläufig für sich entschieden, weil die deutschen Lohnstückkosten ab 2000 tendenziell gesunken sind, während die Lohnstückkosten der meisten der anderen Nationen gestiegen sind. Ich tue Flassbeck nichts an, wenn ich jetzt anmerke, dass diese Sicht mit einer marxistischen Analyse der Gründe für diese Entwicklung nichts zu tun hat. Einen solchen Anspruch würde Flassbeck auch nicht erheben, er ist Keynesianer. Nun hat Katja Kipping ihre eigene marxistische Analyse noch nicht vorgelegt, aber dass diese Skizze von Flassbeck und Lapavitsas nicht marxistisch ist, damit hat sie ohne Zweifel recht. Was ich jetzt ganz interessant fände, wäre, wenn diese Marxisten, die in den letzten Jahren den Lafontaine in so peinlicher Weise verehrt haben, dem Meister einfach mal zeigen würden, wie denn so eine marxistische Analyse der Euro-Krise auszusehen hätte. Oder sind die jetzt alle in Griechenland, weil die Kette der imperialistischen Gesellschaften am schwächsten Glied zu reißen hat?

  2. … hin wieder, ein paar „Unverbesserliche“, meist „gehobenen“ Alters…

  3. Frage an Peter:

    Gibt es in der Linken noch jemand, der nicht seine Eigeninteressen vertritt?

  4. Die Partei, die Linke, (letztlich aus der PDS „hervorgegangen“) verliert immer mehr ihren Wesenscharakter, ihre Konturen und zerfranzt an den Rändern…..
    Dadurch kommen Kräfte ins Spiel, deren Eigeninteressen sich vor denen der Partei schieben, die auch auf Mandatsträger durchschlagen. Dadurch wird das „öffentliche Bild“ immer diffuser und immer mehr „Rollinger werden geboren“

  5. „Es wäre unmarxistisch…“…Kipping hat Marx gelesen? Und dann auch noch was verstanden?

    Was am Euro marxistisch oder unmarxistisch sein soll, wir wohl das Geheimnis von Genossin „Vorwärts phrasen“ bleiben!

  6. Galt Katja Kipping nicht einmal als „Parteirechte“ oder gar „Schutzpatronin“ der „Antideutschen“ innerhalb der Linkspartei ? Entweder hatten da ein paar Leute eine falsche Wahrnehmung oder die Genossin hat einen Schnellkurs in Sachen Taktieren absolviert. Nun kritisiert sie Oskar Lafontaine gar von links,setzt einen ihrer angeblichen früheren „Schützlinge“ als Co-Vorsitzende mit vor die Tür und wirkt an der quasi Demontage des „rechten“ Geschäftsführers mit . Ich bin nur noch erstaunt.

  7. Allein der Satz: „Wir können nicht alle Fehler von SPD und Grünen alleine wegtragen.“ , macht das Interview lesenswert.

    Das fand ich ja steil:
    „Es wäre unmarxistisch und auch volkswirtschaftlich nicht vernünftig, mit einer Rückkehr zum Nationalstaat auf die Europäisierung und Globalisierung der Wirtschaft zu reagieren.“
    Ich habe ja ein bisschen Angst vor den Wahlkampf-Plakaten a la „Währungen aller Länder, vereinigt Euch“ .

  8. Die Linke dürfte in den kommenden Monaten auch andere Sorgen haben als von Rot/Rot/Grün zu träumen.

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