Wer das aktuelle Interview der linken Bundestagsabgeordneten Inge Höger in der „taz“ liest, wird sich verwundert die Augen reiben. Ihr war „so nicht klar“ wie der von ihr und ihren Genossinnen eingeladene Max Blumenthal so drauf ist. Und sie bedauert dann auch zutiefst, dass durch ihre tatkräftige Unterstützung ihren israelkritischen Gästen „die Möglichkeit gegeben wurde, dass Gregor Gysi so bedrängt und im Netz bloßgestellt werden konnte.“ Man fragt sich beim Lesen, ob eine solche Naivität einfach nur schlecht gespielt ist oder tatsächlich den politischen Bewusstseinszustand Högers wiedergibt.

Im Grunde ist dies aber auch egal und mithin eine Frage für Polittherapeuten, wenn es diese denn geben würde. Wer wie Höger seit 2005 im Deutschen Bundestag meint über die Geschicke des Landes mitzuentscheiden, in wichtigen Ausschüssen mitarbeitet und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion ist, darf sich solche Unklarheiten und Fehler schlicht nicht (mehr) erlauben. Vermutlich waren dann wohl auch ihre Mitfahrt auf der Mavi Marmara, das Tragen eines Schals, auf dem Israel von der Landkarte getilgt war, der demonstrative Boykott einer Abstimmung über die verstärkte Bekämpfung des Antisemitismus und all die anderen kleinen ähnlichen Vorfälle ihrer Naivität und Unwissenheit geschuldet. Oder eben auch nicht.

Meint Höger ihre Aussagen im Interview ernst und ist wirklich nach fast 10 Jahren Bundestag immer noch so dumm und naiv, sollte sie die einzig mögliche Konsequenz ziehen und die Finger von der Politik lassen. Ist es hingegen, wie zu vermuten ist, nur eine Nebelkerze, um sich selbst als Opfer der eigenen Unbedarftheit zu inszenieren und weiter fröhlich auf der Klaviatur des dann doch nicht so gemeinten linken Antisemitismus weiterzuklimpern, sollten ihre Fraktionskollegen und die Partei ihr endlich den Stuhl vor die Tür stellen. Solche Genossinnen, egal ob nun dumm oder sich dumm stellend, braucht in diesem Land niemand in einem Parlament. Vielleicht wird nach einem kräftigen Schlussstrich dann auch wieder klar, wohin diese Linke will und für welche Art Politik sie steht.
(mb)

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Manuel Böhm

Jahrgang 1970. Lebt seit Oktober 2024 auf Malta, davor in Göttingen, Hannover und Berlin. Bis 2005 Mitglied der SPD. Danach Eintritt in die WASG, dort Mitglied des Kreisvorstandes bis 2006. Mitarbeit im Bündnis für Soziale Gerechtigkeit zur Kommunalwahl 2006 als breite linke Alternative zum PDS-dominierten Linksbündnis. Nach Gründung der LINKEN in 2007 Übernahme von Funktionen auf Ebene seiner Basisorganisation. Austritt aus der Partei Die Linke mit seinem Wegzug aus der Bundesrepublik.

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